"Sotschi ist die Stadt für heiße Tage, für sehr, sehr heiße - wie die Flamme deiner Liebe!"
Filipp Kirkorow (1967-), russischer Popsänger, in "Sotschi"
Der zentrale Bezirk der über 100 Kilometer langen Schwarzmeer-Stadt Sotschi wird jeden Sommer zum Treffpunkt der Schönen und Reichen. Hier geben sich in den warmen Monaten des Jahres angesagte Musiker ein Stelldichein, Festivals locken Besucher, und selbst die Staatsspitze lässt das eine oder andere wichtige Gipfeltreffen unter Palmen stattfinden. Sotschi-Stadt hat das angesagteste Nachtleben der Küste, schicke Boutiquen, teure Apartmenthochhäuser und luxuriöse Hotels. Zur Winterolympiade 2014 erhielt auch die Infrastruktur einen gehörigen Schub: Obwohl im zentralen Stadtbezirk keine einziger Wettbewerb ausgetragen wurde, ließ die Regierung überall Fassaden streichen, Straßen reparieren, Fahrradwege ausweisen und behindertengerechte Fußgängerampeln installieren. Die Stadt erlebte einen ungestümen Bauboom.
Trotz der vielen neuen Hochhäuser wirkt Sotschi insgesamt recht angenehm. Das liegt unter anderem an der üppigen immergrünen Vegetation. Selbst manche sowjetischen Bausünden wirken hinter Palmen gar nicht mehr so schlimm. Direkt jenseits des Hafengeländes gibt es schon Strände, doch zum Baden eignen sich die entfernten Vororte der Großregion Sotschi besser als das Stadtzentrum. Was es in der Stadt hingegen so gut wie gar nicht gibt, sind historische Bauten aus der Zeit vor Beginn des Massentourismus. Problematisch ist der starke Verkehr, der den "Kurortny Prospekt", die "Kurort-Chaussee" entlang wälzt. Weil die Stadt zwischen Meer und Berge gepresst ist, ist die zentrale Verkehrsachse zu jeder Tageszeit verstopft.
Die Geschichte der Stadt Sotschi ist nicht besonders lang. An der ursprünglich von Kaukasusvölkern besiedelten Küste entstanden hier ab 1838 russische Forts. Nach dem Ende des 30-jährigen Krieges gegen die Bergbewohner wuchsen die um die russischen Festungen entstandenen Siedlungen nur langsam. Wegen der grassierenden Malaria galt die Region im 19. Jahrhundert sogar als Verbannungsort. Die ersten Hotels an der Küste wurden erst um 1900 eröffnet.
Zum wichtigen Urlaubszentrum wurde Sotschi erst in der Stalin-Ära. Bis heute gibt es im zentralen Teil der Stadt noch so manche eindrucksvolle Sanatorien und öffentliche Bauten im typischen Stil jener Ära, als am Schwarzen Meer das Ferienparadies der Arbeiterklasse aufgebaut werden sollte. Ein Rundgang durch die Stadt ist daher auch für architektonisch Interessierte spannend.
Das markanteste Gebäude im Stadtzentrum von Sotschi ist der "Meeresbahnhof" ("Marskoi Waksal") aus dem Jahr 1955 mit seinem spitzen Turm, ein Projekt der sowjetischen Architekten Karo Alabjan und Leonid Karlik. Als Abfertigungsgebäude für Passagierschiffe wird der Bau schon lange nicht mehr genutzt, zumal der Fährverkehr auf dem Schwarzen Meer zwischenzeitlich fast zum Erliegen gekommen ist. Stattdessen sind im "Meeresbahnhof" heute Luxusrestaurants untergebracht. Sehenswert sind die Figuren, die den Turm schmücken, neben sympathischen Fischen fallen die stilisierten Bürger aus verschiedenen Enden des Sowjetreichs auf, darunter ein sibirischer Rentierzüchter. Im Hafenbecken neben dem Gebäude warten die Kapitäne kleiner Motorboote auf Touristen, die Teilnahme an kleinen Ausflugstouren wird recht offensiv beworben - unter anderem mit dem Versprechen, man werde Delphine zu sehen bekommen. Das dürfte in den meisten Fällen sogar stimmen, allerdings sind die faszinierenden Meeressäuger auch vom zentralen Strand in Sotschi aus problemlos zu beobachten.
Am rechten Ufer des Sotschi-Flusses erstreckt sich der bereits vor der Oktoberrevolution gegründete "Riviera-Park". Das Areal verdankt seine Existenz dem Unternehmer Wassili Chludow, der sich Ende des 19. Jahrhunderts hier eine verspielte Villa bauen ließ. Heute ist das große Gelände eine Mischung aus Vergnügungspark und Botanischem Garten. Wer gerne mit einer Kalaschnikow auf Blechdosen schießt, in einem Aquarium Haien zusieht, wie sie traurig im Kreis schwimmen und schon immer einmal eine russische Geisterbahn ausprobieren wollte, ist hier goldrichtig.
Bekannt wurde der Park für seine Magnolienbäume, die hier einst von Kosmonauten, kommunistischen Parteifunktionären aus Politikern aus aller Welt angepflanzt wurden. Die erste Magnolie durfte ein Deutscher einpflanzen: DDR-Ministerpräsident Otto Grotewohl. Ebenfalls sehr sowjetisch geht es am Haupteingang zum Park zu: Dort steht bis heute ein recht eindrucksvolles, aus unzähligen roten Steinchen zusammengesetztes Lenin-Mosaik.
Die Erzengel-Michael-Kathedrale ist eines der ältesten Bauwerke in Sotschi und eine der ältesten russisch-orthodoxen Kirchen an der Schwarzmeerküste. Mit dem Bau wurde bereits kurz nach dem Ende des Kaukasuskrieges begonnen, allerdings dauerte die Fertigstellung bis Ende des 19. Jahrhunderts. Nach der Oktoberrevolution wurde die Kathedrale geschlossen, allerdings noch während des Zweiten Weltkrieges an die Orthodoxe Kirche zurückgegeben.
Heutzutage muss man die Kirche etwas suchen, da sie zwischen einer Vielzahl von Hotel-Hochhäusern nicht sofort ins Auge fällt. Neben der zentralen Kirche mit ihren 34 Meter hohen Glockenturm gibt es einen Gebäudekomplex mit Kapelle und Sonntagsschule.
Der zentrumsnahe Hauptbahnhof von Sotschi steht unter Denkmalschutz und gilt als Paradebeispiel für die "sowjetische Kurort-Architektur". Das bis heute genutzte, prunkvolle
Bahnhofsgebäude stammt aus dem Jahr 1952. Einen baugleichen, ein Jahr älteren Bahnhof gibt es in der Krim-Hauptstadt Simferopol. Das von Säulen umrahmte Empfangsgebäude wird von einem 55
Meter hohen Turm überragt, dessen Uhr mit den Symbolen der Sternzeichen geschmückt ist.
Vor allem in den Sommermonaten herrscht reger Betrieb, es gibt Direktzüge in nahezu alle Regionen Russlands. Nahverkehrsbahnen Verbindungen den zentralen Stadtbezirk mit den
Badeorten der Küste zwischen Tuapse und Adler. Der südliche Vorort von Sotschi ist auch bis heute Endstation für alle Fernzüge.
Der Dendrarium-Park südlich des eigentlichen Stadtzentrums ist nach unserer Auffassung die größte Touristenattraktion von Sotschi. Wir haben dem riesigen Geländen eine eigene Unterseite gewidmet.
Bei unserer Reise nach Sotschi im Frühjahr 2017 haben wir in dem kleinen, privat geführten und recht preisgünstigen "Hotel Nairi" (Webseite nur Russisch) im zentralen Stadtbezirk von Sotschi gewohnt, das wir gerne weiterempfehlen. Die Aussicht von der Dachterasse (Topfoto oben auf der Seite) ist genial, das Frühstücksbuffet famos und vielseitig. Auch das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt, die Mitarbeiter sind allesamt sehr freundlich.
Die Lage recht weit oben am Hang, ca. sieben Minuten Fußweg oberhalb des Kurortny Prospekts könnte allerdings manche Reisenden abschrecken. Auch innerhalb des recht verwinkelten Hotels gibt es noch viele Treppen, für gehbehinderte Menschen ist dies kein optimaler Ort.