"Ich glaube, es ist dies der einzige Ort, an den die Pjatigorsker die Touristen kostenlos hineinlassen. Ich werde diesen Schandfleck auf dem Ruf der Stadt ausmerzen und die Nachlässigkeit korrigieren."
Romanheld Ostap Bender in "Zwölf Stühle" von Ilja Ilf und Jewgeni Petrow
Russlands großer Romantiker Michail Lermontow verbrachte hier die letzten beiden Monate seines Lebens, bevor er bei einem Duell tödlich verletzt wurde. Seit fast 200 Jahren ziehen sage und schreibe 38 Heilquellen auf dem Stadtgebiet Kurgäste von nah und fern an. Mit über 140.000 Einwohnern ist Pjatigorsk heute der größte der Mineralwasser-Kurorte in Russlands Nordkaukasus. Die Stadt am Fuß des Maschuk-Bergs steht heute ein wenig im Schatten des weiter südlich gelegenen Kislowodsk - zu Unrecht, denn Pjatigorsk hat Reisenden ebenfalls eine ganze Reihe von Sehenswürdigkeiten und beschaulichen Parks zu bieten.
Wer sich Pjatigorsk von Süden oder Norden nähert, sieht zunächst einen mächtigen, 1.400 Meter hohen Berg mit fünf Gipfeln, der von den kaukasischen Turkvölkern Beschtau genannt wurde. Auf dessen südlicher Seite breitet sich das heutige Pjatigorsk aus, dessen Name übersetzt "Stadt der fünf Berge" bedeutet. Wie auch bei anderen Orten in der Region stand am Anfang der Stadtgeschichte der Bau einer russischen Festung, nachdem das Territorium nördlich des Mittleren Kaukasus Ende des 18. Jahrhunderts Teil des Zarenreichs geworden war.
Wie im benachbarten Kislowodsk begann auch in Pjatigorsk der Kurbetrieb schon im 19. Jahrhundert - zu einer Zeit, als die Umgebung noch alles andere als sicher war. Neben dem
hiesigen Mineralwasser suchten die Kurgäste Linderung ihrer Leiden auch mithilfe von Heilschlamm aus einem nahegelegenen See. Ende des 19. Jahrhunderts nahm
der Fremdenverkehr im Ort noch stärker zu, als die Eisenbahnlinie nach Kislowodsk gebaut und auch Pjatigorsk an das Bahnnetz des Russischen Reichs angeschlossen wurde. Wenige Jahre später
erhielt die Stadt im Kaukasus als eine der ersten im Zarenreich eine Straßenbahn.
Die meisten Attraktionen der Stadt liegen im Zentrum rund um das historische Kurviertel mit dem "Blumenpark" ("Park Tswetnik"). Dort stehen noch viele historische
Badehäuser und Hotels- und einige stilvolle Jugendstilbauten - etwa das kleine Theater von Pjatigorsk oder das legendäre Kaffeehaus des Konditors Gukassov. Das
Café war bei unserem Besuch im Frühjahr 2018 allerdings geschlossen, und der ganze Bau machte einen leicht verwahrlosten
Eindruck. Hoffentlich ändert sich das bald.
Literaturfreunde können neben einem Lermontow-Museum in dessen bescheidenem letzten Wohnhaus auch die Schauplätze des Kultromans "Zwölf Stühle" besichtigen. Östlich des Tswetnik-Parks führt
eine Straße am Fuß des Maschuk-Bergs zu einer Art Grotte, in deren Mitte ein kleiner See namens "Prowal" zu bewundern ist. Der Roman-Hochstapler Ostap Bender schafft es,
Kurgästen und Einheimischen Eintrittskarten für die (bis heute frei zugängliche Höhle) zu verkaufen. Heute erinnert vor dem Eingang eine Skulptur an den Lieblings-Ganoven der Russen.
Wer die besten Aussichtspunkte von Pjatigorsk sucht, macht sich am besten auf den Weg zum 993 Meter hohen Hausberg Maschuk am nordöstlichen Rand der Stadtrand. Der Gipfel ist von einem Rundfunksendemast gekrönt. Bei gutem Wetter reicht die Sicht von hier in südlicher Richtung bis zu den beiden Spitzen des Elbrus. Auf den Maschuk führen eine zu Sowjetzeiten erbaute Seilbahn, eine asphaltierte Straße und diverse Wanderpfade.
Eine regelrechte Pilgerstätte befindet sich am nordwestlichen Fuß des Berges: Hier erinnert ein Denkmal an Michail Lermontow - genau an dem Ort, wo er im Juli 1841 den Tod fand. Den Weg von der Hauptstraße nach Mineralnye Wody nicht zu finden, ist unmöglich - bombastische Wegweiser sorgen dafür.
Von Kislowodsk und den anderen Mineralwasser-Kurorten und dem Verkehrsknoten Mineralnyje Wody ist Pjatigorsk jeweils etwa eine Stunde Fahrt mit dem Vorortzug oder dem Sammeltaxi entfernt. Wir empfehlen für Tagesausflüge nach Pjatigorsk den Zug, da die Straßen am Stadtrand oft heillos verstopft sind. Der Bahnhof von Kislowodsk liegt etwas abseits vom Stadtzentrum und ist zu Fuß etwa 20 Minuten von den zentralen Plätzen der Stadt entfernt. Dort halten auch alle Fernzüge, die die Kurorte mit vielen Teilen Russlands verbinden. Nach Moskau dauert eine Bahnfahrt mit dem schnellsten Nachtzug knapp 24 Stunden.
In zentraler Lage am Kirow-Prospekt 25a, kurz vor dem Eingang zum "Tswetnik"-Park, bietet das nach Grigori Petschorin aus dem Lermontow-Roman "Ein Held unserer Zeit" benannte Café "U Petschorina" ("У Печорина") eine fabelhafte Mischung aus europäischer und kaukasischer Küche. Nach einem Besuch 2018 empfehlen wir unter anderem den panierten Suluguni-Käse. Die Preise "Bei Petschorin" liegen etwas über dem Durchschnitt in der Gegend, sind aber für westeuropäische Verhältnisse noch immer sehr moderat.
(Aktualisiert im Januar 2020)