Mehr als vier Jahre nach der Einstellung aller Eisenbahn-Verbindungen auf die Krim sollen zum Fahrplanwechsel im Dezember 2019 wieder Züge auf die Halbinsel rollen - allerdings nicht mehr über die Ukraine, sondern über die neue Krim-Brücke. Die Bauarbeiten an der Eisenbahn-Verbindung sind inzwischen weitgehend abgeschlossen, und Ende September befuhr ein erster Dieseltriebwagen mit Journalisten an Bord zu Testzwecken die 19 Kilometer lange Brückenkonstruktion. Die Russische Bahn hat große Pläne für die Strecke und will jährlich mehrere Millionen Fahrgäste über die Meerenge von Kertsch befördern. Allerdings gibt es weniger als drei Monate vor der regulären Inbetriebnahme der umstrittenen Neubaustrecke noch ein nicht unerhebliches Problem:
Es ist nämlich noch immer nicht klar, wer den Zugverkehr von und auf die Krim eigentlich abwickeln wird.
Die Russische Staatsbahn RZD wird als direkter Betreiber der Verbindungen mit ziemlicher Sicherheit ausfallen - aus Angst vor westlichen Strafsanktionen, die das international tätige
Großunternehmen nicht gebrauchen kann. Dafür könnte das Privatunternehmen "Grand Express" einsteigen, glaubt zumindest die Wirtschaftszeitung RBK. Die Firma betreibt bereits einen komfortablen Nachtzug zwischen Moskau und Sankt Petersburg. Ob sie überhaupt in kurzer Zeit die nötigen Waggons
für all die angekündigten Verbindungen auftreiben kann, bleibt aber offen.
Dabei sind wohl schon die Fahrpläne fertig ausgearbeitet, zumindest für die Strecken auf dem russischen Festland bis zur Halbinsel Taman östlich der Brücke. Ab Dezember 2019
sollen - anderthalb Jahre nach der Freigabe der Krim-Brücke für den Autoverkehr - insgesamt zehn oder elf Nachtzugpaare zwischen mehreren Städten der Krim und dem russischen
Festland verkehren. Geplant sind unter anderem Direktverbindungen aus Moskau, St.
Petersburg, Murmansk und Kislowodsk.
Bereits jetzt steht fest, dass eine Zugreise auf die Krim wegen des enormen Umwegs deutlich länger dauern wird, als zu "ukrainischen Zeiten". Der schnellste Zug von Moskau nach
Simferopol wird, auch wegen des nötigen Lokwechsels vor der nicht elektrifizierten Brücke und der teilweise nur eingleisigen Strecke auf der Krim westlich von Kertsch, wohl deutlich
über 30 Stunden (einen Tag und zwei Nächte) unterwegs sein. Vor 2014 war die Fahrt trotz zweier
langwieriger und manchmal sehr unangenehmer Halte an den Grenzbahnhöfen in rund 24 Stunden zu schaffen.
Die Ukraine, die die Übernahme der Halbinsel durch Russland nicht anerkannt (ebenso wie Deutschland und die anderen EU-Staaten) , betrachtet Reisen auf die Krim von Russland aus nach wie vor
als illegalen Grenzübertritt (s. auch Einreisebestimmungen Russland). Nicht genehmigte Aufenthalte von Ausländern
auf der Krim, die in der Ukraine irgendwie bekannt werden, können daher zum Beispiel ein Einreiseverbot nach sich ziehen. Dennoch gab es zuletzt auch in ukrainischen Medien Berichte über eine
mögliche Wiederaufnahme des 2014 eingestellten Zugverkehrs zwischen der Halbinsel und dem ukrainischen Festland. Begründung: Ukrainische Staatsbürger sollten die Möglichkeit erhalten, die
"ukrainische Krim" zu besuchen.