Die russischen Behörden haben in den vergangenen Monaten eine ganze Reihe von Schritten unternommen, um die lange Zeit de facto offene Grenze zwischen Russland und dem verbündeten Weißrussland wiederzuerrichten. Die jüngste Maßnahme betrifft Flugreisende und soll ab Mitte Mai greifen. Dann sollen Flüge zwischen beiden Ländern an den internationalen Terminals der russischen Flughäfen abgewickelt und nicht mehr wie bisher als Inlandsflüge behandelt werden. Damit verbunden wird auch die Einführung von vollumfänglichen Grenzkontrollen - zumindest für Ausländer aus Drittstaaten. Zwar bringt die Maßnahme ein Mehr an Bürokratie, für Reisende ohne weißrussischen oder russischen Pass beendet sie aber auch eine mehrere Monate andauernde Situation, in der legal überhaupt keine Flugreisen zwischen beiden Ländern möglich waren.
Zuvor hatte bereits im Februar der für den Grenzschutz zuständige Geheimdienst FSB verfügt, dass im Westen des Landes in den Verwaltungsregionen Brjansk, Smolensk und Pskow offizielle Grenzzonen ausgewiesen wurden. Offiziell dürfen Angehörige von Drittstaaten die zuvor mehr als 20 Jahre lang offene Grenze zwischen beiden Staaten derzeit nicht überqueren.
Die Probleme waren erstmals im vergangenen Jahr aufgetaucht, als die russischen Behörden sich plötzlich auf ein zuvor lange ignoriertes Gesetz beriefen, das die Ein- und Ausreise von Ausländern ins Land regelt und vorschreibt, dass der Grenzübertritt nur über einen offiziellen Übergang erfolgen
darf. Eine solche Vorschrift ist zunächst einmal nicht weiter ungewöhnlich, doch zwischen Russland und Weißrussland gibt es keine Grenzübergänge - von einer Ausnahme am
Dreiländereck mit der Ukraine abgesehen - denn die beiden Nachbarn bilden einen "Unionsstaat" und hatten bereits 1995 alle Kontrollen abgeschafft.
Nachdem der Paragraph jahrzehntelang keine Rolle spielte, bekamen Ausländer im Herbst 2016 plötzlich Ärger, wenn sie beispielsweise auf der Trasse von Moskau nach Minsk in eine
Polizeikontrolle gerieten. Selbst wenn sie gültige Visa für beide Staaten besaßen, kam es zu Zurückweisungen, vereinzelt wurden Bußgelder verhängt oder - schlimmer noch
- Einreiseverbote angedroht. Statt über die gut ausgebaute direkte Autobahn quälten sich ausländische Autofahrer mit Ziel Russland nun über lettische Landstraßen oder durch die
Ukraine.
Während nach der jüngsten Entscheidung der russischen Behörden nun zumindest Flugreisen zwischen Minsk und Städten in Russland wieder möglich werden, bleibt die Lage an den
Landgrenzen konfus. So gab es wiederholt Berichte über Personen, die von Uniformierten an der Grenze aus Nahverkehrszügen herausgeholt wurden. Passagiere der internationalen
Schlafwagenverbindungen von Berlin, Paris, oder Warschau nach Moskau werden dagegen offenbar bis heute nicht behelligt.
Das Auswärtige Amt schreibt dazu in seinen Reisehinweisen für Russland (Stand Anfang Mai):
"Im Reiseverkehr über die Republik Belarus ist es an der Grenze zur Russischen Föderation seit Herbst 2016 zu Zurückweisungen von Reisenden aus Drittstaaten gekommen, da die dortigen Grenzübergänge rechtlich nur für die Nutzung durch russische und belarussische Staatsangehörige zugelassen sind. Dies hat auch Auswirkungen auf Flug- und Bahnreisen über Belarus in die Russische Föderation und umgekehrt. Einzig der Fernzugverkehr (Strecke Berlin-Moskau) ist nach Mitteilung des Russischen Verkehrsministeriums davon ausgenommen, sofern die Reisenden im Besitz von gültigen Visa für die Russische Föderation und die Republik Belarus sind...
Um Zurückweisungen an den russischen Grenzstellen zu vermeiden, wird empfohlen, nicht über Belarus in die Russische Föderation und umgekehrt zu reisen. Es wird auch von einem unberechtigten
Betreten der Grenzzonen an der Grenze zu Belarus abgeraten."
Im Gegensatz zu den EU-Staaten hatten Russland und Weißrussland zwar ihre Binnengrenze geöffnet, sich aber nie auf gemeinsame Einreise- und Visabestimmungen einigen können. So waren für
Anreise nach Russland auf dem direkten Landweg für Deutsche und andere EU-Bürger immer auch ein weißrussisches Transitvisum nötig. Anfang des Jahres schaffte Weißrussland
allerdings einseitig die Visumpflicht für Kurzbesuche von Bürgern aus 80 Staaten ab. Die russische Seite sah sich dadurch in ihrem rigorosen Vorgehen bestätigt.
(kp)