Die geplante Übergabe der Isaakskathedrale in Sankt Petersburg an die orthodoxe Kirche lässt
seit einigen Wochen die Emotionen hochkochen. An einer nicht genehmigten Protestaktion
nahmen mehrere tausend Menschen teil - eine beachtliche Anzahl im heutigen Russland. Die Anhänger der Kirche zogen begleitet von Fußballfans mit einer eine Prozession für die Übergabe um die
Kathedrale. Wieder einmal stehen sich Russland Liberale und die orthodoxe Kirche unversöhnlich gegenüber. Mittlerweile scheint das Schicksal des nach der Oktoberrevolution zum Museum
umgewandelten Petersburger Wahrzeichens zum Thema für die Staatsführung geworden zu sein.
Die orthodoxe Kirche kämpft bereits seit Jahren um die Nutzungsrechte für die im 19. Jahrhundert zur Erinnerung an den russischen Sieg gegen Napoleon erbaute Isaakskathedrale. Eine Übernahme des gewaltigen Baus im Jahr 2017 - 100 Jahre nach der Oktoberrevolution - wäre dem Moskauer Patriarchen Kyrill zufolge ein Symbol der Versöhnung. Das sehen allerdings viele Petersburger ganz anders.
Auch die Stadtverwaltung hatte sich lange gesträubt, dem Patriarchat entgegenzukommen, denn die Eintrittskarten für einen Besuch in der Museums-Kirche spülten bislang verlässlich Jahr für Jahr beträchtliche Summen in die öffentlichen Kassen. Russischen Medienberichten zufolge besuchen bis zu 2,8 Millionen Menschen jährlich die Kathedrale. Zum Jahresbeginn kam dann ein überraschender Meinungsumschwung: Für 49 Jahre soll die orthodoxe Kirche das größte Gotteshaus der Stadt nun unentgeltlich nutzen dürfen.
Die orthodoxe Kirche hat mittlerweile angekündigt, der Eintritt in die Kirche solle künftig kostenfrei möglich sein, lediglich für einen Besuch der Aussichtsplattform auf der Kuppel werde weiterhin Geld kosten. Wie die Besucherströme bei Wegfall der Eintrittsgelder gesteuert werden können, dürfte beim orthodoxen Bistum noch erhebilche Anstrengungen abverlangen.
Gegner der Übergabe befürchten, dass die bisherigen Museumsmitarbeiter auf der Straße landen, dass es der Kirche nur darum geht Geld an den Konzessionen für Touristen-Führungen zu verdienen. Mehr noch stören sie sich an der Art und Weise, wie die Stadtobrigkeit um Gouverneur Georgi Poltawtschenko die Entscheidung nach Gutsherrenart durchsetzen wollte.
Selbst Rocksänger Sergej Schnurow, Chef der Band "Leningrad", widmete dem Streit inzwischen im Internet ein derbes, pseudopatriotisches Gedicht, in dem er die ausländischen Besucherhorden anprangerte: Die würden in dem Heiligtum umhertapsen, und die Gläubigen hätten keinen Platz zum Beten.