Moskau (Mai 2005). "Wieso sind die deutschen Soldaten eigentlich damals nur bis Ikea vorgerückt?" fragte meine Tochter einmal, als wir an den gewaltigen Panzersperren vorbeifuhren, die den äußersten Frontverlauf bei Moskau vom Dezember 1941 markieren. Schon im Alter von fünf Jahren war es ihr kurz vor dem 9. Mai sichtlich unangenehm, irgendwie zur falschen Seite zu gehören, zu denen, die damals Russland überfielen.
Spätestens Mitte April kann ein Deutscher in Russland der Geschichte nicht mehr entkommen. Die Vergangenheit wird allgegenwärtig. Vor jedem 9. Mai, dem Tag des Sieges über Hitlerdeutschland,
senden die Fernsehkanäle Wiederholungen aller sowjetischen Kriegsfilme, die längst zu Klassikern wurden. In den Kindergärten und Vorschulen malen Jungen und Mädchen die Heldentaten ihrer
Urgroßväter aus dem Großen Vaterländischen Krieg mit Tusche auf.